«The magic happens
outside of your comfort zone» Barbara Jäggi

Traumteppich

Februar 12th, 2021

Wohin? Immer wieder: wohin?Manchmal scheinen die Dinge klar zu sein und sicher. Dann plötzlich werden Projekte wieder in den Sand gesteckt. Oder auf unabsehbare Zeit verschoben. So vieles ist im Moment diesem Vorangehen und wieder Angehaltenwerden unterworfen. Und mancher verliert dabei seinen Sinn. Die Würze des Lebendigen fehlt mehr und mehr. Der Mut kann einem abhanden kommen und das Vertrauen in eine Zukunft. Weltenschmerz taucht bei anderen auf bis zum totalen Pessimismus.Diese Krise fordert viel von uns und lässt dabei nicht locker, uns immer wieder in unsere Mitte zu rufen. Es braucht einen langen Atem und Geduld.Wo ist der neue Boden? Noch scheint er nicht da zu sein. Doch wie ich mich hineinträume in das unsichtbare Feld, höre ich Klänge als würden die Sterne singen. Vor mir erkenne ich ein Muster, das von traditionellen nordamerikanischen indigenen Kulturen stammt. Die weissen, korallenroten und türkisfarbenen Muster, einst geträumt vom Universum und manifestiert in den Händen der Frauen.Sie rufen mich, mich hier tiefer hineinzuträumen.Der Sternengesang schwillt an und berührt mich. Ich kann die Spinnenfrau darin singen hören, die aus dem grossen kosmischen Geheimnis heraus ihre Spinnenfäden singend spinnt.Vor mir halte ich farbige Traumfäden in den Händen und meine, ich müsse nun ein Muster daraus weben. Doch die Spinnenfrau hält mich an und sagt mir, nichts zu tun. Dann erkenne ich, dass sich das Muster in diesen türkisen, weissen und korallenroten Fäden von alleine zu mir hin webt. Ein einfaches aber schönes Geflecht entsteht. Und es scheint, als würde es mich aus der Zukunft erreichen, in meine Gegenwart hineinwebend.Langsam entsteht ein Teppich, der sich über diese unsichtbare Brücke webt – hin zu einem neuen Boden. Noch ist der Boden nicht fest. Subtil schwingt er über dem Bodenlosen. Doch der Boden wird vor mir sichtbar. Ich lasse es geschehen und setze Fuss vor Fuss über den Traumteppich.«Ich setzte den Fuss in die Luft, und sie trug.» schrieb einst Hilde Domin. Und so fühlt es sich nun an in unsicheren Zeiten.Dann erst zeigt sich mir das Ganze des Musters. Ich bin mit meinem Traumgewebe nicht alleine. Ich bin Teil von einem grösseren Gewebe, das in einen grossen Kreis in die Mitte mündet. Hier in der leuchtenden Mitte treffen sich Menschen, die mit mir träumen. Sie kommen aus allen Richtungen, jeder aus seinem eigenen Muster zur Mitte hin. Es gibt im Moment nichts anderes zu tun als weiter zu träumen, denn im Unsichtbaren wird bereits das Neue gewoben.Auch die alten Ahninnen mit ihrem alten Wissen sind im Kreis anwesend. Einem Wissen jenseits von Zeit und Raum; Vergangenheit und Zukunft zugleich. Und es geht nicht darum, die Welt zu retten, oder sie besser zu machen als sie ist. Es geht um unseren Traum, den wir weben. Es ist ein altes Muster der Kraft, der Demut, der inneren Freiheit und der Freude, das uns verbindet. Es geht nicht um die anderen, die es nicht wissen oder verstehen, was wir verstehen. Es wird sich neu finden. Und wir werden die Menschen treffen oder mit ihnen weitergehen, die an unserem Traum mitspinnen. Im Unsichtbaren sind wir verbunden. Auch ich bin Mitträumerin an diesem grossen Gewebe, das die Spinnenfrau singt und spinnt.

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Eurynome

Februar 6th, 2021





Als Eurynome erwachte und sich erhob aus wirbelndem und kochenden Chaos, fand sie nur im Tanz Ausdruck für die reine Freude. Eine wilde Heiterkeit und eine Explosion von Energie, die sie fühlte. Es heisst, sie entsprang nackt aus dem Urchaos und fand nichts worauf sie ihre Füsse setzen konnte. Und so trennte sie den Himmel von den Wassern und tanzte ihre überschwängliche Fülle, das Schweben auf dem Meer hingerissener Begeisterung – verloren und getragen von der Intensität der Ekstase.
Eurynome ist die Göttin aller sinnlichen Vergnügen. Sie ist Glückseligkeit, die dein ganzes Wesen erfasst. Mit geballter Kraft ruht sie mitten im Meer des Kollektivs, das zurzeit in Angst ist. Wenn die Menschen mit all ihren Maskierungen der Angst verdeckt umherwandeln, ruht sie mitten darin in leuchtender Kraft der Freude. Dann beginnt sie den Tanz der Ekstase zu tanzen. Sie tanzt ihn für die Menschen, damit sie sich wieder an die Freude und die Glückseligkeit erinnern. Eurynome bricht aus dem Meer des alten Kollektivs auf, mit schäumendem Getöse durch die Oberfläche hindurch. Dann tanzt sie auf den Wellen der Ekstase.
Und wenn du dich mit ihr verbündest, durchbricht sie mit einer ungeheuren Lust dein bekanntes Land, das dich jenseits deiner fassbaren Gefühle befindet. Es pure Freude, die deinen Traumkörper weitet und die alten Grenzen sprengt. Immer dann, wenn dir dein Hautkleid zu eng wird und du das Gefühl hast, aus der Haut fahren zu müssen, will sich etwas in dir einen grösseren Raum schaffen.
Wenn deine Gedanken zu klein werden, verbindet dich Eurynome mit dem leuchtenden Meer des Kosmos.
Deine Zellen tanzen mit.
Du bist Urlust aus deinem tiefsten Sein und gleichzeitig transzendente Kraft, die aus dem Kosmos entspringt.
 
Die Ekstase ist eine der kraftvollsten Erfahrungen, die in vielen schamanischen Kulturen zelebriert werden, um über dich hinauszuwachsen. Um das Alltags-Ich zu übersteigen und die Limitierungen hinter sich zu lassen. Die Ekstase entspringt direkt aus dem Chaos und der Urschöpferkraft.
Das immense Potenzial das darin verborgen liegt, hat unsere christliche Kultur über die Jahrhunderte beschnitten. Alles was unter der Gürtellinie lag, wurde in moralische Gesetze verpackt, um die Lust und auch die sexuelle Lust zu kontrollieren. Für die Frauen ein Jahrhunderte langes Tabu, sich der eigenen sexuellen Lust hinzuwenden. Sie diente der Fortpflanzung.
Der Karneval oder die Fasnacht wurde so als Ventil unserer Lust benutzt.
In der Kathedrale von Lausanne gibt es ein grosses Rosettenfenster, das den Jahreskreislauf darstellt in farbigem Glas eingelegt. Im Februar, am Ende des Winters und der natürlichen Entbehrung der Fülle, ist ein Mann abgebildet, der seinen Kopf unter dem Arm trägt. Es ist die Narrenzeit damit gemeint. Der Kopf wird abgelegt und alles andere darf sprechen.
Viel Alkohol floss und fliesst in diesem Zeitfenster, damit die Dämme der Kontrolle brechen, die uns sonst im Alltag oder in harten Zeiten dominieren. In der Fasnacht werden die Regeln bewusst gebrochen. Selbst die Regeln der sonstigen sexuellen Lust. In dieser Zeit wurden unter anderem oft Kinder gezeugt, die nicht dem eigenen Nest entsprangen.
Diese Tradition löst sich zwar immer mehr auf, weil wir nach und nach die alten Traditionen hinter uns gelassen haben, auf der Suche nach dem Aufbrechen starrer Strukturen, die ihren Anfang in den 60-er Jahre gefunden hat. Wir haben nach und nach eine Kultur von Vergnügungen kreiert, die jederzeit die Lust befriedigen will. In schäumenden Parties suchen wir die Entgrenzung.
Doch darunter liegt immer noch eine unbefriedigte tiefere Sehnsucht brach.
Wir suchen nach weiteren Ersatzmitteln, weil wir uns nach diesem Zustand der Entgrenzung sehnen.
Doch mit dem Tanz der Eurynome brauchen wir keine Zusatzstoffe, die uns in diese erweiterte Erfahrung bringen. In einen unendlichen Flow, wo dieser Moment der totalen Freude zur Ewigkeit heranschwillt und dich erfahren lässt, dass diese Schwingung, die sich in dir ausweitet in einen Zustand deiner Essenz führt. Aus dieser Essenz heraus hast du unendlich viele Möglichkeiten.
Gerade in diesen beschränkenden Zeiten der vielen Massnahmen, die die Menschen zu sich selber zurückwerfen, können wir wieder zu unserem ursprünglichen Sinn der Lust zurückfinden. Den Tanz der Eurynome kannst du zu Hause bei dir tanzen oder in der Natur. Du brauchst dafür keine Zuschauer. Auch wenn es schön ist, in der Gemeinschaft zu tanzen.
Die Natur sieht dir zu und nimmt die Schwingung deines Tanzes in sich auf.
Lasst uns aus der Winterstarre erwachen.
Aho!
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Gaia

Februar 3rd, 2021

Es fegen uns heftige Winde um die Ohren und wirbeln unsere Gedanken ganz schön durcheinander.Vielleicht weißt du nicht mehr, wo dir der Kopf steht. «Der Weg führt zu deinem reinen Herzen und deinem klaren Geist.» flüstert mir Heyoka ins Ohr.

Sie nimmt die Rasseln in die Hand und beginnt zu tanzen.
Sie weiss, Heyoka ist nie dort wo man sie erwartet. Sie tanzt sich immer wieder in neue Formen der wirkenden Gestaltungskräfte. Sie tanzt immer dort, um wieder das Gleichgewicht herzustellen. Sie tanzt nicht nur für sich, sondern auch für die Anderen.Sie bringt das Unerwartete ins Feld und ist nie verhaftet. Und so wandert sie durch die möglichen Wirkkräfte und verwandelt sich stets. Sie kann Königin sein, ebenso wie Dienerin.
Sie wird zur Kriegerin und Heilerin, wissend dass alle Gestalten im Rad der Medizin ihren Platz haben. Einmal ist es das Kind in ihr, das nach Aufmerksamkeit sucht, dann wieder die Mutter.
Sie flüstert mir ins Ohr:» Erst wenn du alles sein kannst, bist du wahrlich Königin.»

Heute führt sie mich in die Natur hinein. Und lässt mich am Fusse des Stammes einer Eiche Platz nehmen. Die Kraft der Eiche beginnt mich zu umhüllen. Und ich nehme ihre Kraft in mich auf. Ich sitze still da und werde Baum.
Gleichzeitig spüre ich, ich bin Mutter Erde.
Urmutter.
Gaia.
Ich spüre wie ihre Wurzeln tief und fest mit Erdreich verbunden sind. Die Präsenz dieser Kraft bringt meinen Körper zum Glühen.Gaia zwingt mich still zu halten. Nichts zu tun. Eine feurige Energie dringt nach unten zu meinem Becken hin.
Zu meinem Schoss.
Ich bin nur da und nehme staunend diese gehaltene Feuerenergie in mir wahr, die einzig den Ruf verspürt, zum Becken hin zu glühen. Mein Schoss ist zugleich der Schoss der Mutter Erde. Sie ist es, die empfängt und entgegen nimmt und das Lebendige, das aus ihr kommt entlässt. Sie lässt geschehen. Sie handelt nicht und wertet nicht. Den kosmischen Samen, den sie empfängt, lässt sie in ihrem Schoss gedeihen. Und wenn es Zeit ist, entlässt sie das neue Leben. Durch dieses stille Gewahrsein und Geschehenlassen entspringt neues Leben selbst rund um sie herum.
Kleine Keime spriessen aus dem Boden und beginnen zu wachsen. Das eben neu entsprungene Licht heisst sie dem Himmel entgegen zu wachsen. Den Fluss des Lebens gewährend.
Wir wissen nicht, was richtig ist oder falsch. Wir kennen die absolute Wahrheit nicht. Doch wir können immer wieder die richtige Position im Rad des Lebens einnehmen, um unserer Wahrheit nahe zu kommen. Und wir können uns mit den Kräften der Natur, die auch in uns wirken immer wieder wachrufen. Manchmal sind sie wahrhaft heftig. Doch auch dies will seinen Ausdruck finden, wenn wir uns gestaltend als Wesen erleben. Wir können dies immer wieder neu erfahren, um alle Facetten in uns kennenzulernen. Und manchmal sanft oder eben ganz still gewährend wie Gaia.
Und wir können uns immer wieder mit der kosmischen Ordnung verbinden, um unsere innere Ordnung wieder zu finden.Aus diesem kosmischen Naturtanz heraus finden wir neue Ausrichtungen für all das, was uns auf diesem Planeten – vor allem uns Menschen – zurzeit auferlegt wird. In der Beschneidung öffnen sich plötzlich neue Tore, die uns weisen. Oft nicht wissend, wohin die Reise uns führt. Doch wir sind es, die unseren Platz immer wieder einnehmend, mal still, mal tanzend, mal wild und dann wieder sanft. Und du kannst darin erkennen, wie du mitwebst an diesem neuen Traum und ihn hineinträumst in die Welt. Unterschätze die Wirkung nicht.
“So go and dream your dream!” sagt Heyoka.

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